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Jahresveranstaltung 2019 des Alumni- und Fördervereins Medienrecht Köln e.V.

Am 9.12.2019 richtete der Verein erneut seine Jahresveranstaltung aus. Die rundum gelungene Veranstaltung gipfelte in der Verleihung des CBH-Promotionspreises für die Promovierten Dr. Nora Lorentz sowie Dr. Anne Rappen und dem Festvortrag von Prof. Dr. Matthias Cornils.

Der CBH-Promotionspreis

Auch in diesem Jahr hat die Kanzlei CBH den mit 3000 € dotierten Promotionspreis für herausragende Dissertationen an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln in den Fachbereichen des Medienrechts sowie des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts verliehen. Ausgezeichnet wurden dieses Jahr Frau Dr. Anne Rappen sowie Frau Dr. Nora Lorentz. Nach einer kurzen Laudatio durch die Rechtsanwälte Herrn Prof. Dr. Markus Ruttig und Herrn Dr. Ingo Jung stellten die Preisträgerinnen ihr Thema jeweils vor. Frau Dr. Anne Rappen schrieb eine Arbeit über „Die urheberrechtliche Zulässigkeit von Online-Archiven gem. §§ 48-50 UrhG“. Frau Dr. Nora Lorentz ließ sich mit einer Arbeit zu „Profiling – Persönlichkeitsschutz durch Datenschutz? Eine Standortbestimmung nach dem Inkrafttreten der DSGVO“ promovieren.

Festvortrag von Herr Prof. Dr. Matthias Cornils

Das Institut konnte dieses Jahr Herrn Prof. Dr. Matthias Cornils, Inhaber des Lehrstuhls für Medienrecht, Kulturrecht und öffentliches Recht an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz, für einen Vortrag gewinnen. Er referierte unter dem Thema „Der globalen Netzwerke Zähmung? Die Intermediärsregulierung im neuen Medienstaatsvertrag“ und lieferte dabei Einblicke, ob und inwiefern der Entwurf des Medienstaatsvertrags eine Regulierung von Intermediären vorsieht.

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 16 E-MStV sei Medienintermediär jedes Telemedium, das auch journalistisch-redaktionelle Angebote Dritter aggregiert, selektiert und allgemein zugänglich präsentiert, ohne diese zu einem Gesamtangebot zusammenzufassen. Besondere Bestimmungen zu solchen Medienintermediären fänden sich in den §§ 91 – 96 E-MStV.

Herr Prof. Dr. Cornils hob besonders zwei Aspekte der Intermediärregulierung hervor: Zum einen stellte er die Regulierungsziele sowie den Regulierungsbedarf von Intermediären vor. Regulierungsziel im E-MStV sei ausdrücklich nicht der Individualrechtsgüterschutz, sondern die Sicherung der Bedingungen demokratischer Meinungsbildung. Er unterstrich dabei, dass grundsätzlich Regulierungsbedarf beim Individualrechtsgüterschutz besteht (Hassrede etc.), hinsichtlich der Regulierung aus Gründen der Meinungsvielfalt äußerte er jedoch Bedenken. Insbesondere sei unklar und nicht nachgewiesen, dass die Nutzung von sozialen Netzwerken tatsächlich zu einer Informationsverengung bei den Rezipienten führt. Weder ein „Flaschenhalseffekt“ noch ein „Filterblasenphänomen“ seien bisher nachweisbar. So sei insgesamt fraglich, ob eine evidenzbasierte Risikoprognose derzeit möglich ist. Abgesehen von diesen Zweifeln, hob Herr Prof. Dr. Cornils den Aspekt der Nutzerautonomie hervor. Suchmaschinen und soziale Netzwerke befriedigen mit dem Einsatz von Algorithmen zuvörderst Nutzerpräferenzen. Eine Regulierung stelle daher einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Grundrechte der Nutzer dar. Er warf deshalb die Frage auf, welcher Einwand eine Regulierung dieses Vorgangs legitimiere, insbesondere unter dem Aspekt, dass Alternativangebote jederzeit verfügbar seien.

Zum anderen stellte er Regulierungsinstrumente vor. Dabei begann er mit der Vorstellung von allgemein denkbaren Instrumenten und leitete sodann über zu den konkret im E-MStV verankerten Mechanismen. Der E-MStV unterwerfe die Medienintermediäre sowohl Transparenz- (§ 93) als auch Nicht-Diskriminierungspflichten (§ 94). Eine positive Inhaltesteuerung für Medienintermediäre kenne der E-MStV nicht. Herr Prof. Dr. Cornils legte weiterhin dar, dass Transparenzpflichten grundsätzlich am wenigsten eingriffsintensiv seien. Stärker griffen Diskriminierungsverbote in die Freiheit der Intermediäre ein. Allerdings sei die konkrete Eingriffsintensität abhängig von der Ausgestaltung der jeweiligen Pflichten. Umfassende Transparenzpflichten, wie etwa die Offenlegung eines Quellcodes, könnten intensiver wirken als Diskriminierungsverbote. Insgesamt bestünden aus Sicht von Herrn Prof. Dr. Cornils Zweifel an der rechtspolitischen Notwendigkeit einer Regulierung von Intermediären, verfassungsrechtlich durchgreifende Bedenken an der Gestaltung der §§ 91 – 96 E-MStV habe er allerdings nicht.

Es folgte ein detaillierter Blick auf die §§ 93 und 94 E-MStV.

§ 93 E-MStV normiere Transparenzpflichten für Medienintermediäre. Die Norm differenziere zwischen Transparenzpflichten hinsichtlich des Zugangs eines Inhalts zu einem Intermediär, sowie der Darstellung von Inhalten beim Rezipienten. Herr Prof. Dr. Cornils wies darauf hin, dass über eine zweigeteilte Transparenzpflicht, einerseits gegenüber dem Nutzer, andererseits gegenüber den Landesmedienanstalten oder Gerichten, nachgedacht werden müsse.

§ 94 E-MStV normiere ein Diskriminierungsverbot für Medienintermediäre. Absatz 2 des Entwurfs definiere Kriterien für eine Diskriminierung und unterscheide zwischen zwei Tatbeständen. Die systemische Abweichung von den eigenen, durch den Intermediär vorab festgelegten, Kriterien stelle ebenso wie das Aufstellen von unbilligen Kriterien, die Angebote systematisch behindern, eine Diskriminierung dar. Gemeinsam sei den beiden Tatbeständen das Erfordernis der systematischen Diskriminierung. Einzelfälle seien bewusst ausgeklammert worden. Im Übrigen sei das Diskriminierungsverbot nur auf journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote beschränkt, wie Absatz 1 bestimme.

Abschließend warf Herr. Prof. Dr. Cornils die Frage auf, ob der Anwendbarkeit des E-MStV die P2B-VO, jedenfalls in ihrem Überschneidungsbereich, entgegensteht und argumentierte, dass insbesondere Art. 5 (2) P2B-VO vorrangig anzuwenden sein könnte.

Herr. Prof. Dr. Cornils resümierte, dass die neue Intermediärregulierung wohl mehr Symbolgesetzgebung, aber immerhin eine Demonstration medienpolitischer Handlungsfähigkeit sei und schloss den Vortrag. In der anschließenden Diskussion wurden Einwände geäußert, die sich auf die von Herrn Prof. Dr. Cornils geäußerten Zweifel an der rechtspolitischen Notwendigkeit eine Intermediärregulierung bezogen und es entfaltete sich eine spannende, inhaltlich hochwertige Auseinandersetzung. Nach einiger Zeit wurde das Gespräch in die Räume des Instituts verlegt und bei Speis und Trank konnte sich der Abend allmählich auf den Weg zur Nacht machen.